Urbanität im 21. Jahrhundert
Selten gibt es die Chance in der Mitte einer Stadt einen neuen eigenständigen Stadtteil zu entwickeln und damit über seine stadträumliche und seine soziologische Prägung nachzudenken.
Wie entwickelt und setzt man Rahmenbedingungen, damit diese lebendige Durchmischung von Wohnen und Arbeiten in Häusern, auf öffentlichen Straßen und Plätzen sowie Grünflächen erreicht wird?
Mit der Assoziation von Metropole entstehen in unseren Köpfen Lebenssituationen, in denen die Grenzen zwischen Wohnen, Arbeiten und Freizeit zunehmend verschwimmen, da diese in naher Zukunft nicht mehr zeitlich und räumlich voneinander getrennt werden, sondern bewusst miteinander verwoben werden.
Unsere Vorstellung einer modernen und zukunftsoffenen Stadt beginnt an sich in der Bereitschaft der Menschen sich darauf einzulassen.
Der große Trend in die Städte zu ziehen ist vor allem darauf zurück zu führen, dass die Menschen die Nähe zu Anderen suchen. Im Gegensatz zur virtuellen digitalen Welt der sozialen Netzwerke suchen Menschen in der Stadt echte Partizipation und die Befriedigung, Teil einer modernen und urbanen Gemeinschaft zu sein.
Der Masterplan
Die Durchmischung und Verknüpfung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit ist Voraussetzung für ein lebendiges Stadtquartier mit nachhaltig hoher Aufenthalts- und Lebensqualität. Die städtebaulichen Festlegungen des Masterplans bieten hierzu notwendige Voraussetzungen: Einerseits wird dies ermöglicht durch die Vorgabe der vertikalen Höhenentwicklung, als urbane Verdichtung, anderseits bietet der durchlaufende Sockel die notwendige Verbindung, um aus den einzelnen Solitären ein gemeinsames Ensemble zu bilden. Dieser Sockel wirkt wie ein Rahmen, der den dazwischenliegenden Raum als urbanen und lebendigen Platz umschreibt. Erschlossen durch Treppen- und Rampenanlagen wird durch die Schichtung der Erlebnistraum der Bewohner und Passanten vertikal erweitert und inszeniert.
Entwurfskonzept des Hochhaus Ensembles
- Fortführung der Schichtung zur plastischen Verzahnung des Sockels mit dem aufgehenden Gebäudeensemble
- Verdrehung der beiden Baukörper zueinander zur Steigerung der Körperhaftigkeit
- Knickung der Gebäudefassaden an ihrer Längsseite zur Steigerung der visuellen Plastizität
Unser Ansatz ist davon geprägt, dass das Gebäudeensemble in seiner Wahrnehmung immer als Teil des neuen Viertels erkennbar sein soll. Das Ensemble soll dabei nicht additiv, aufgepfropft auf dem Sockel wirken, sondern sich konzeptionell aus einer Schichtung vom neuen zentralen Platz des Viertels nach oben weiter hinauf stufen. Die beiden neuen Gebäude werden typologisch und visuell dabei analog behandelt, auch wenn diese unterschiedlich hoch sind. Dadurch wird insbesondere das niedrigere Gebäude in seiner Wahrnehmung gestärkt und rutscht auch näher an den zentralen Platz heran.
Auf dem Sockelbauwerk platzieren wir einen Verbindungskörper als weitere Basis unter den beiden neuen Gebäuden. Diese springt von den Vorderkanten des Sockelbauwerks zurück und erfährt dabei bewusste Winkelversätze. Sie bewirken, dass eine spannungsreiche Verzahnung der einzelnen Geschosse erkennbar wird. Auch entstehen dadurch einladende und abwechslungsreiche Aufenthaltsflächen auf den Dachflächen, über die auch die beiden neuen Gebäude erschlossen werden. So entstehen für die Bewohner und Passanten variierende Raumsituationen entlang der Wegeführung.
Die Dachlandschaft über dem 2. Obergeschoss setzt diesen Eindruck fort und wird somit als fünfte Fassade wahrgenommen. Diese drei Eingriffe führen zu starken Vergrößerung der wahrnehmbaren Plastizität. Durch die Varianz entstehen originäre Versatzstücke, die den jeweiligen Ort prägen und auch vom zentralen Platz oder auch vom gegenüberliegenden Gleispark körperhaft wahrgenommen werden. Die Bebauung erscheint nunmehr in ihrer Wahrnehmung verortet im Umfeld.
Die beiden neuen Gebäude werden darüber aufgehend nicht als rechtwinklige Volumen ausgebildet, sondern werden an den Längsseiten abgewinkelt um dadurch die Länge der Baukörper facettenhaft zu aufzubrechen. In ihrer Lage werden die beiden Gebäude zueinander in der Längsachse versetzt. Dadurch entsteht nicht nur ein spürbares visuelles Kräftemoment dazwischen, sondern die beiden zueinander gewandten Stirnseiten erhalten auch mehr Sozialabstand.
Fassadenkonzept
Mit einer Höhe von 72 und 34 Metern markieren die beiden Wohntürme deutlich sichtbar die nordwestliche Ecke des neuen Areals. In ihrer architektonischen Erscheinung sind sie primär geprägt durch die Leichtigkeit der Schichtung von Geschossplatten. Die facettenhafte Knickung der Fassaden führt zu einer Steigerung der Plastizität und führt über den Tages- und Sonnenverlauf zu immer unterschiedlichen Wahrnehmungen
Die klar strukturierte Fassade mit ihren bewusst zurückhaltenden und zugleich körperhaften Erscheinung ist die markante Visitenkarte der Wohntürme. Die durch die in Teilbereichen zurückgezogene Fassade entstehenden Loggien, die durch eingezogene Bereiche noch erweitert werden, gewähren den Wohnungen ein hohes Maß an Privatheit.
Grundriss, Typologie
Im 1. Obergeschoss befindet sich im Sockelbau der Kindergarten, der über die Lobby im EG erschlossen wird. Die Ausrichtung der jeweiligen Gruppenräume erfolgt sowohl zur Donaukanalseite, als auch zur Gleisparkseite. Im Westen ist ein großflächiger und abgegrenzter Außenbereich für die Kinder zum Spielen vorgesehen. Zusätzlich ist zum Gleispark ein abgeschirmter Patiobereich eingefügt.
Neben dem Kindergarten sind an der Ostseite Flächen für Gastronomie vorgesehen, die über Außenflächen verfügen und damit auch eine hohe Verweilqualität sicherstellen.
Jedes Gebäude hat klar erkennbar eine Lobby im 1. Obergeschoss, über die die Bewohner und Gäste die Erschließungskerne erreichen. Zusätzlich werden die Aufzugskerne bis in das Erdgeschoss weitergeführt, wo eine weitere straßenseitige Erschließung möglich ist für Anlieferungen und Gäste.
2. Preis Wettbewerb Baufeld 3,
Leistungsphasen 1 bis 2, 2017
BGF 34.000 m2
Auftraggeber: Liegenschaften-Eigentümergemeinschaft Wien Heiligenstadt