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Marinetechnikschule, Parow

Die größte und modernste Ausbildungseinrichtung der Deutschen Marine befindet sich in Parwow an der Meerenge zwischen Rügen und dem Festland. In der Strelasund-Kaserne entstanden drei Schulungs- und Ausbildungsgebäude mit einer Fläche von 28.888 m² BGF.

Die Gebäude „Schiffstechnik“, „Waffentechnik“ und „Zivil anerkannte Weiterbildung“ stellen im Gesamtkomplex der Strelasund-Kaserne in Parow (bei Stralsund) die zentralen Funktionseinheiten der praktischen Ausbildung der Marine dar. Sie bilden eine starke städtebauliche Geste im nördlichen Bereich des Grundstückes, das durch seine unmittelbare Lage am Strelasund gegenüber den Inseln Rügen und Hiddensee und durch seine Weitläufigkeit geprägt ist.

Die der Erschließungsstraße und dem gegenüberliegenden Kfz-Bereich zugeordneten, lang gestreckten Bauteile der Schiffs- und Waffentechnik (hier Pier 1 und Pier 2 genannt) beinhalten vorwiegend die lärmintensiven und räumlich großen Funktionseinheiten der Schiffsaggregat- und Geschützausbildung. Diese städtebauliche Anordnung ermöglicht die Anfahrbarkeit der Hallenbereiche sowie die räumliche Konzentration der Lärmemissionsbereiche innerhalb der Übungsanlagen. Die im südwestlichen Bereich angrenzenden kammartigen Gebäudeflügel (sog. Boote 1 bis 5) bleiben dadurch weitestgehend von funktional bedingten Lärmemissionen unbeeinträchtigt.

Entlang der Hallen, parallel zur Straße, erschließt ein Flur den Gebäudekomplex. Er dient gleichzeitig als Puffer zwischen den lauten Bereichen im Nordosten und den leisen Bereichen, den orthogonal angeordneten Boote 1 bis 5 sowie den anschließenden großzügigen Freiräumen im Südwesten des Baugrundstücks.

Die Hallen der „Piers“ sind zweigeschossige Räume, teilweise unterkellert, die orthogonal angeordneten „Boote“ sind zweibündige Baukörper mit zwei Vollgeschossen, teilweise aus funktionalen Gründen unterkellert. Die Schulungsbereiche in den „Booten“ sind durch mittige Flure erschlossen.

Parallel zu den Pierhallen liegen auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptflures zweigeschossige Gebäude (sog. „Boxen“), die Schulungseinheiten und Diensträume beinhalten.
Die kammartigen Strukturen der „Boote“ bilden zwischengelagerte hofartige Freiräume mit Blickbeziehung zum Marinehafen, dem Strelasund und der Ostsee.

 

Die Gebäudegrundkonstruktion besteht überwiegend aus Stahlbeton-Fertigteilen. Innenwände aus Betonstein-Sichtmauerwerk bilden die Flur- und Raumtrennwände.

Der Innenausbau beschränkt sich auf wenige, funktional bedingt unterschiedliche Materialien wie Werkstein, Linoleum, Holzpflaster, Holztüren und Holz-Aluminium-Fenster. Der gezielte Einsatz von Holz im Innenausbau bildet so einen prägenden Kontrast zu den Sichtflächen der inneren Beton- und Sichtmauerwerkswände.

Die Anordnung der einzelnen Funktionseinheiten an den Fluren im Wechsel mit raumhoch verglasten Flurabschnitten schafft kontrastreiche Tageslichtverhältnisse, spannende Sichtbeziehungen und einfache räumliche Orientierung. Lichtkuppeln in den Flurdächern und Öffnungen zwischen den Flurdecken und teilweise in den Flurwänden zu den Übungshallen verstärken die räumlichen Wirkungen.

Marinetechnikschule, Parow

Leistungsphasen 1 bis 9, Generalplanung, 1995 bis 2003

BGF: 28.888 m2

Auftraggeber: Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch BBL Greifswald

Architekturfotografie: Markus Bredt

Bei der Auswahl der Materialien für die Gebäudehülle und deren Oberflächenbeschaffenheit wurde darauf Wert gelegt, dem Charakter der Ausbildungseinheiten entsprechend eine optische Ablesbarkeit zu schaffen. Trotz der großen Gebäudelängen (ca. 300 m x 80 m) schafft das Zusammenwirken der Gebäudestruktur mit den unterschiedlichen Fassadenmaterialien den „Spagat“ zwischen Ablesbarkeit der Strukturen und Inhalte und der einfachen räumlichen Orientierung innerhalb des Gebäudekomplexes.

Die Materialauswahl erfolgte unter Beachtung eines ökonomisch sinnvollen und ökologisch vertretbaren Materialeinsatzes und bietet bei allen gewollten Gegensätzen einen harmonischen Gesamteindruck.
Die „Pier“-Bereiche mit den aneinander gereihten Übungshallen stellen sich durch ihre strenge Fassadenstruktur aus Sichtbeton-Sandwich-Fertigteilen als „Rückgrat“ der Gebäude dar. Die gegenüberliegenden „Boxen“ mit ihren leuchtend roten Metallverkleidungen bilden einen gewollt spielerischen Kontrast, der durch die zwischengeschalteten verglasten Flurabschnitte auch von innen deutlich wahrnehmbar ist.

Die Fassaden der „Boote“ sind durch den Wechsel der Materialien Aluminium-Welle und Holz-Stülpschalung geprägt. Dabei charakterisiert die metallene Oberfläche der Aluminium-Welle die rechteckige Gebäude-Grundform. Dazu im Kontrast steht die warme Naturholz-Oberfläche der Fassadenbereiche mit unbehandelter Lärche-Stülpschalung, die alle Gebäudebereiche prägt, die aus funktionalen Gründen die rechteckige Gebäudegrundform überschreiten. So entsteht ein Wechselspiel aus Baukörper-Skulptur und Materialwechsel.